Wir wollen berichten von einem Beispiel auf dieser Reise, das für uns Architekten sowohl in der Entstehung als auch im Verlauf einen hohen Stellenwert einnimmt.
„Da ist Euch ein großer Wurf gelungen, herzlichen Glückwunsch!“ So begrüßte uns Herr Prof. Deilmann bei der Preisverleihung für den Wettbewerb der Fachhochschule Bocholt, bei der er in der Jury den Vorsitz geführt hatte.
Im Juni 1993 wählte das Land Nordrhein-Westfalen den Königsweg, um in einem Wettbewerb das beste Projekt für die Fachhochschule Bocholt zu finden. Teilnehmer waren Architekten aus dem Regierungsbezirk Münster und dem Kommunalverband Ruhrgebiet, von denen 25 Arbeiten zur Beurteilung eingereicht wurden.
Was führte uns auf den Weg zur Teilnahme an diesem Verfahren? Die Größe der Aufgabe eher nicht, zumal die verlangten Wettbewerbsleistungen unsere ganze Kapazität gefordert hätten. Aber mit den ersten Hinweisen in der Auslobung wurden wir aufmerksam, dass hier ein Entwurf für eine nicht alltägliche Aufgabe gesucht wird. Wir sind im Münsterland, wo Schlösser und Burgen mit viel Gewässer die Landschaft prägen. Könnten wir uns für die neue Aufgabe einen ähnlichen Ansatz vorstellen, mit Wasser als zentrales Entwurfselement? Das wäre eine Super-Idee! Sie lag nun auf dem Tisch und für eine Ausarbeitung zum Greifen nahe: ein modernes Gebäude in der Tradition des Münsterlandes wie viele andere Solitäre auch.

© Dr. Schramm, Gelsenkirchen

Im Laufe der Zeit hatten wir bei unseren Wettbewerben gesehen, dass ein Entwurf etwas Einmaliges zeigen muss, will er sich von vielen anderen Arbeiten abheben. Beim Verfahren in Bocholt ist uns das gelungen, und die Preisrichter schrieben ins Protokoll über unseren Entwurf: „Die Arbeit überzeugt auf den ersten Blick und auf den zweiten. Hinsichtlich des städtebaulichen Gesamtentwurfes ragt sie aus der Fülle aller übrigen Wettbewerbsbeiträge deutlich heraus. Gleichzeitig muss die originelle Geometrie nicht durch Einbußen in der Funktion erkauft werden.“
Wir waren der Meinung, der Entwurf sollte eine prägnante Form bekommen, die nicht auf eine Signifikanz in der Landschaft verzichtet, die das Bauvolumen ordnet und zugleich die Funktionen für den Nutzer transparent und spielerisch darstellt. Wir wollten keine lineare Kammstruktur, sondern einen Solitär, der einer Wasserburg nachempfunden ist. Die vorgeschlagene Hochschulgräfte schafft eine angemessene Distanz zum Parkplatz, von wo der Weg mit einer ansteigenden Fußgängerrampe über das Wasser unzweideutig zum Haupteingang führt. Dort übernimmt das mittlere Geschoss die Verteilung in alle Abteilungen und zu den Laboren. Auch die Sonderfunktionen wie Audimax, Hörsäle und Mensa werden von hier aus bedient. Wegen des hohen Grundwasserspiegels verzichteten wir auf ein regelrechtes Untergeschoss und leisteten so einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit der Anlage.
Die Beauftragung an uns Planer erfolgte zügig auf Grundlage der ersten Preisarbeit, sodass die Genehmigung der HU-Bau schon im März 1994 vorlag. Ebenso gehörten zu unseren Leistungen die Ausführungsplanung und die künstlerische Begleitung. Für die Bauarbeiten wurde ein Gene- ralunternehmer beauftragt, der von April 1996 für zwei Jahre arbeitete. Die Regie bei der Bauleitung führte das staatliche Bauamt des Landes. Ca. fünf Jahre nach dem Ergebnis des Wettbewerbs startete die Fachhochschule im Wintersemester 1998 für 1000 Studierende mit dem Lehrbetrieb für die Bereiche Wirtschaft, Elektrotechnik und Maschinenbau. Diese Zeitspanne bedeutete für ein Projekt der öffentlichen Hand eine außergewöhnliche Leistung. Zumal hinzukommt, dass die veranschlagten Baukosten von ca. 71 Millionen in der Abrechnung um sechs Prozent unterschritten wurden.

Unsere freiberufliche Tätigkeit verdanken wir ausschließlich der Möglichkeit, an Wettbewerben teilzunehmen.


Norbert Wörner und Fritz Heinrich haben sich nach 40 Jahren aus der Sozietät zurückgezogen. Anselm Vedder hatte schon im Jahr 2000 die gemeinsame Arbeit beendet. So kam es, dass unser befreundete Kollege Gunnar Ramsfjell, der schon seit 2005 mit uns als Partner selbständig arbeitete, das bestehende Büro 2013 übernommen hat und mit dem Kürzel HWR weiterführt.

Unsere freiberufliche Tätigkeit verdanken wir ausschließlich der Möglichkeit, an Wettbewerben teilzunehmen. Bis zum Ende ist dies eine wichtige Grundlage unseres Büros geblieben und wurde mit ca. 40 ersten Preisen für sehr unterschiedliche Aufgaben umgesetzt. Wenn es schon vieler Anstrengungen bedurfte, die Entwurfsarbeit umzusetzen, so haben wir gelernt, dass es noch weit schwieriger ist, beim Bauen selbst diese Ansprüche aufrecht zu erhalten. Die Fachhochschule Bocholt wird uns immer in erfolgreicher Erinnerung bleiben.

Fritz Heinrich, Dezember 2024

v.l.n.r. Fritz Heinrich, Anselm Vedder, Norbert Wörner © Heinrich & Wörner & Vedder

Fritz Heinrich (*1940 in Hamm)
Architekturstudium TU Braunschweig und Universität Stuttgart
1968 Diplom Universität Stuttgart
1968-72 Mitarbeit im Büro Prof. Hieber
seit 1972 freiberuflicher Architekt in Dortmund
1976 BDA-Mitglied
1988-92 Lehrauftrag FH Dortmund, Gebäudelehre/Entwerfen
1995-2008 Landesvorstand BDA
1996-2008 Vorstand der AK NRW, Vorsitzender des Landeswettbewerbsausschuss

Norbert Wörner (*1939 in Stuttgart)
Architekturstudium Uni Stuttgart
1967 Diplom Universität Stuttgart
1967-69 Mitarbeit im Planungsamt der Stadt Stuttgart
seit 1974 freiberuflicher Architekt in Sozietät mit Fritz Heinrich in Dortmund
1976 BDA-Mitglied
1979-89 BDA-Vorsitzender Kreisgruppe Dortmund

Anselm Vedder (*1955 in Menden)
Architekturstudium TU Berlin
1980 Diplom TU Berlin
1981-83 Mitarbeit im Büro Heinrich & Wörner
seit 1984 freiberuflicher Architekt in Menden
1990-98 freiberuflicher Architekt in Sozietät mit Fritz Heinrich und Norbert Wörner in Dortmund