Als wir uns 1999 um die Teilnahme am Wettbewerb ICE-Terminal Köln Messe/Deutz beworben haben, konnten wir nicht ahnen, welchen Einfluss dieses Projekt auf die Entwicklung unseres Büros nehmen würde. Damals gab es JSWD noch nicht. Jeweils zwei der vier heutigen Partner führten kleine, voneinander unabhängige Büros im beschaulichen Stadtteil Rodenkirchen. Beide wollten gerne beim Heimspiel in Köln mitmachen, hätten aber das aufwendige Verfahren weder personell noch finanziell
alleine stemmen können. So haben wir uns kurzerhand für diesen Wettbewerb zusammengeschlossen und sind aus der Kategorie „Junge Büros“ ins große und illustre Teilnehmerfeld gerutscht.

Ausloberin des Wettbewerbs war die Stadt Köln zusammen mit der Deutschen Bahn und der Koelnmesse. Der Zusammensetzung entsprechend waren Aufgabe und Zielvorstellungen sehr vielschichtig. Der Deutzer Bahnhof sollte an das deutsche und europäische Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen und ICE-tauglich gemacht werden. Der neue Terminal musste den Hauptbahnhof auf der anderen Rheinseite entlasten und das Nadelöhr Hohenzollernbrücke auflösen. Gleichzeitig sollte er repräsentatives Entree sein für den südlich gelegenen Stadtteil Deutz, das Messeareal im Norden und im Zusammenspiel mit der begleitenden Bebauung als Initialzündung für das gesamte rechtsrheinische Köln wirken.

1. Preis  JSWD, Köln (Jaspert & Steffens Architekten)


Wer einmal in Deutz ein- oder ausgestiegen ist, kennt die komplizierte Geometrie des Bahnhofs mit seinen zwei sich verschneidenden Gleisebenen. Eine sinnfällige Grundrissstruktur zu finden, die allen Anforderungen gerecht wird, eine gute Orientierung und klare Erschließung bietet, hat im Wettbewerb viel Schweiß gekostet. Dagegen war das signifikante quadratische Dach relativ schnell gesetzt. Um den neuen ICE-Terminal legten wir einen Hochhauskranz, eine – wie wir sie nannten – „rechtsrhei-nische Corona“, die in die angrenzenden Stadtteile ausstrahlen und den Bahnhof weithin sichtbar als wichtigen Verkehrsknotenpunkt markieren sollte.  
Sechs Wochen nach Wettbewerbsabgabe tagte das Preisgericht unter Prof. Julia Bolles-Wilson. Als am Abend die Nachricht kam, dass das Gremium unseren Entwurf mit einem 1. Preis bedacht hat, haben wir natürlich alles stehen und liegen lassen, sind zu unserem Stammitaliener um die Ecke und haben bei reichlich Frizzante über eine gemeinsame Bürozukunft philosophiert. Zu vorgerückter Stunde kam ein Zeitungsverkäufer und legte uns die Kölner Tageszeitungen auf den Tisch: Auf allen
Titelseiten war unser Entwurf abgebildet. Da waren wir uns im Überschwang sicher: Ab jetzt spielt das kleine Team aus Rodenkirchen in der Bundesliga oder vielleicht direkt in der Champions League!

Das Projekt hat uns über viele Jahre begleitet. Dem Wettbewerb folgten mehrere Studien, die Hochhäuser wuchsen zugunsten der Projektwirtschaftlichkeit planerisch in die Höhe – so hoch, dass die UNESCO einschritt und drohte, dem Kölner Dom den Status des Weltkulturerbes abzuerkennen. Während der Suche nach einer Kompromisslösung fiel das Projekt in einen langen Schlaf…

Heute ist das Bahnhofsumfeld annähernd fertiggestellt, der alte Bahnhof gebrauchstauglich saniert. Gebaut haben wir nichts. Trotzdem war der Wettbewerb ein Schlüsselprojekt, das uns bei vielen Verfahren Türen geöffnet hat. Und – was noch viel wichtiger ist – es hat die zwei Rodenkirchener Büros zusammengebracht und zu einer Einheit verschmolzen. Eine Einheit, die nunmehr seit 23 Jahren als JSWD besteht. Und wer weiß: Vielleicht wird das Projekt, das Geburtshilfe geleistet hat, irgendwann zum Rentenprojekt. Die Pläne für den ICE-Terminal liegen auf jeden Fall noch in der Schublade!

Konstantin + Frederik Jaspert, Jürgen Steffens und Olaf Drehsen im Januar 2023

Konstantin + Frederik Jaspert, Jürgen Steffens und Olaf Drehsen © Saskia Wehler

JSWD                                                                                        

Das Büro JSWD wurde im Jahr 2000 von Jürgen Steffens, Olaf Drehsen und den Brüdern Konstantin und Frederik Jaspert gegründet. Die vier Partner haben ihr Architekturstudium an der RWTH Aachen absolviert. Nach dem Diplom trennten sich ihre Wege und führten in die Büros von Günter Behnisch, Schuster Architekten
und Volkwin Marg (gmp). Doch der Wunsch nach Selbständigkeit war groß, sodass sie neben den Lehrtätigkeiten bald ihre eigenen Büros gründeten. Nach mehreren Jahren wiederholt erfolgreicher Teilnahme an Wettbewerbsverfahren schlossen sich die Büros WJD Architekten und Jaspert & Steffens Architekten am Standort Köln
zu JSWD Architekten zusammen.