Was wäre ein Architektenleben ohne verlorene Wettbewerbe? Ein immerwährender Triumphzug der eigenen Genialität, des Könnens und der richtigen Entscheidungen? Oder gehört in unserem Beruf das Scheitern, das Infragestellen und Verwerfen, das Diskutieren von Vor- und Nachteilen zum Handwerk des Entwerfens? Sind also die Zweifel am eigenen Handeln und der Rückblick auf die Misserfolge erst der Antrieb sich zu bessern und zu lernen?

Was wäre ein Architektenleben ohne gewonnene Wettbewerbe? Sie sind der Motor für uns, das Beste, oder was wir als das sinnvollste Konzept erachten, immerwieder zu entwickeln und in vielen Stunden aus unseren Köpfen aufs Papier oder in den Computer zu bringen und letztlich irgendwie dem Preisgericht als das schmackhafteste Gericht zu verkaufen.

Beides gehört zusammen, wie das Haus und das Dach, wie der Mörtel und der Stein. Und so war es auch bei uns ein Auf und Ab der Gefühle und kein kontinuierlicher Weg ins Heute. Aufgewachsen in einem Architekturbüro, welches damals sehr viele Wettbewerbe mit den entsprechenden Vorprüfungen begleitete, erfasste uns schon bald nach dem Studium die Lust, es selbst zu probieren. Es folgten
2. Preise und ein gewonnenes Multiplexkino bis die Zeit als U-Bootfahrer vorbei war, und wir uns an den damals noch häufigeren zweiphasigen Wettbewerbsverfahren unter eigenem Namen beteiligen konnten. Wir kamen beim ersten Versuch unter 228 Teilnehmern in die 2. Bearbeitungsphase, erhielten den 1. Preis, einen ordentlichen Auftrag für den Neubau der JVA Landshut (wa-2002835) und damit das Startkapital für unsere weitere berufliche Entwicklung als junge Architekten.

wa-2002835 JVA Landshut | 1. Preis Friedrich Bär, Bernd Stadelmann

Motiviert ging es in die nächsten Verfahren des Jahres 2000, Jüdisches Zentrum am St.-Jakobs-Platz in München (wa-2005089). Gegliedert in einen zweiphasigen städtebaulichen Teil mit 274 Arbeiten gab es später eine Preisgruppe von sechs Entwürfen.
Der darauf folgende Realisierungswettbewerb mit den zusätzlich eingeladenen erfahrenen Büros bescherte uns mit einer fünf Meter langen nachtblauen Planfahne inkl. Mond, die man auch als Rundpanorama hätte aufhängen können, den 2. Preis. Und ich habe noch heute den Anruf des Landschaftsarchitekten von der Ortsbesichtigung in den Ohren: „Stellt das Ding an die südliche Grundstückkante“. Leichter gesagt als getan, denn der Platz war wie immer knapp... Selber hatten wir für Ortsbesichtigungen keine Zeit, mussten Hafträume planen.

wa-2005089 Jüdisches Zentrum München | 2. Preis Bär, Stadelmann, Stöcker Architekten und Stadtplaner

Mit dieser Basis durften wir im Lostopf „Junge Büros U40“ in den nächsten zehn Jahren viele interessante Verfahren durchleben. Wovon uns das Museum Brandhorst in München (wa-2007030) lebhaft in Erinnerung blieb: Das wiederum enge Grundstück machte einen hohen Anteil unterirdischer Nutzflächen erforderlich und so wurde unser Entwurf von einer Wanderung in der Höllentalklamm bei Garmisch inspiriert. Ausgespülte Felsen mit Lichtspalten nach oben – das Wasser schafft sich Bewegungs-flächen zwischen den Steinen. Unter 25 Teilnehmern gelang es der mit viel bayerischer Polit- und Architektenprominenz besetzten Jury immerhin vier
1. Preise zu vergeben! Bei der dann nicht mehr anonymen persönlichen Präsentation im Haus der Kunst schwebte vor uns
mit wallenden Kleidern eine sehr dynamische Dame vorbei, es wurden riesige 1:50 Arbeitsmodelle des Cy-Twombly-Raumes und bunte Keramikfassaden gesehen.

wa-2007030 Museum Brandhorst | 1. Preisgruppe Bär, Stadelmann, Stöcker Architekten und Stadtplaner

Unser aus dem Jüdischen Zentrum weiter entwickelter Entwurf, diesmal als orthogonal gegliederter Fels, musste in unser gedankliches Archiv – und wurde schließlich Jahre später als Steuerzentrum (wa-2009720), als Hochschule (wa-2014092) und als Kindergarten (wa-2011772) gleichermaßen prämiert.

Friedrich Bär, Bernd Stadelmann, Rainer Stöcker im Juni 2023

© Bernhard Huber | Friedrich Bär, Bernd Stadelmann, Rainer Stöcker

Bär, Stadelmann, Stöcker Architekten und Stadtplaner, Nürnberg

Bär, Stadelmann, Stöcker Architekten wurde mit dem Wettbewerbsgewinn für den Neubau der Justizvollzugsanstalt Landshut (wa-2002835) im Jahre 1999 von Friedrich Bär, Bernd Stadelmann und Rainer Stöcker gegründet. Das Büro begleitete das 74-Millionen-Euro-Vorhaben des Freistaats Bayern über alle Leistungsphasen bis zur Fertigstellung des 3. Bauabschnitts 2009. Während dieser Zeit ist das Büro stetig gewachsen und zählt heute mit rund 50 Mitarbeiter*innen und zwei Standorten in Nürnberg und München zu den am häufigsten und am erfolgreichsten an Wettbewerben partizipierenden Büros in Deutschland: Die Projekte entstehen häufig aus gewonnenen Wettbewerben und umfassen verschiedenste Bauaufgaben, von Bildungseinrichtungen bis zur Feuerwache.