Bildungslandschaft Altstadt Nord, Köln

Dass wir überhaupt beim Wettbewerb für die Bildungslandschaft Altstadt Nord (BAN) in Köln mitmachen durften, ist dem Engagement des damaligen Kölner Baudezernenten Franz-Josef Höing zu verdanken, der an seinen Wirkungsstätten Wert legte auf Planungswettbewerbe als Wettstreit lokaler, nationaler und internationaler Architekturbüros. Es sollte der Beginn einer für unser Büro weichenstellenden und andauernden Phase des Schulbaus werden. Die relativ kleine Referenz einer in Köln realisierten Grundschule reichte aus, als eines der lokalen Büros zum Wettbewerb eingeladen zu werden.
Uns erschloss sich die Terminologie der sehr guten, vom Büro Luchterhand aus Hamburg erstellten Auslobung mit den damals noch neuen Ideen von Clustern und Lernlandschaften nicht sofort, was dazu führte, dass wir uns während des Wettbewerbs – gemeinsam mit Topotek 1 aus Berlin für die Außenanlagen – nicht nur mit der Architektur, sondern auch mit der neuen Pädagogik und Didaktik im Schulwesen beschäftigten. Das Grundstück – eigentlich viel zu klein für die gestellte Aufgabe – forderte zudem zu einem Denken außerhalb tradierter typologischer Muster auf. Wir näherten uns also von zwei Seiten einer Lösung an: Die Grundrissfigur eines Jahrgangs-Clusters als Raumzelle, zu welcher wir verschiedene Grundrissstudien mit dem Ziel kleiner Rückzugsbereiche zwischen den Unterrichtsräumen machten, und städtebaulich mit der Erkenntnis, dass polygonal geformte Außenbereiche auf einem kleinen Grundstück besser (da raumbildend) funktionieren, als parallel gestellte (Gassen erzeugende) Wände benachbarter Gebäude.

Luftfoto: wa wettbewerbe aktuell


Später erfuhren wir, dass wir die erste Phase des zweiphasigen Wettbewerbs nur knapp überstanden hatten, zu unbekannt erschien der Jury wohl die vorgeschlagene Typologie, noch dazu entsprach unser Entwurfsansatz nicht dem bereits in Aufstellung befindlichen B-Plan. Wir nutzten die große Chance, die sich uns bot, bei diesem international besetzten Wettbewerb – noch dazu in der eigenen Stadt – in die zweite Phase gekommen zu sein und untersuchten jedes Detail auf Übereinstimmung mit den Zielen der Auslobung mit dem Ergebnis einer neuen Schultypologie.
Unter dem Vorsitz von Jórunn Ragnarsdóttir sprach sich die Jury für unsere Arbeit aus. Plötzlich galten wir als die Schulbau-Experten, obwohl wir gerade erst begannen, uns mit den Zielen der Montagstiftung zu beschäftigen. Wir reisten in die europäischen Nachbarländer, studierten dort innovative Schulbauprojekte und versuchten aus diesen selbst zu lernen. Ein Team um unsere Geschäftsführerin Raphaella Burhenne de Cayres, die sich nach dem Wettbewerbsgewinn von der Montagstiftung zur Schulbauberaterin ausbilden ließ, und der freien Pädagogin Andrea Rokuß widmet sich seitdem der Beratung von Schulgemeinschaften und Kommunen für die Entwicklung von Bestandsgebäuden, Schulneugründungsprojekten und Ganztagsentwicklungen von Schulen. Unterstützt von der Montagstiftung entwarfen und moderierten wir ein Beteiligungskonzept zur Partizipation von Anwohnern, Lehrenden, Eltern und Lernenden für die BAN.
2022, neun Jahre nach Wettbewerbsgewinn, waren alle Häuser der Bildungslandschaft realisiert. Die Pandemie und andere Krisen erforderten einen sehr langen Atem, welcher bis heute mit neun Architekturpreisen für dieses Projekt belohnt wurde. Heute macht der Schulbau über 50 Prozent unseres Auftragsvolumens aus. Der Start für diese Entwicklung war 2013 der zweistufige Wettbewerb: Ein Beispiel dafür, wie wichtig ein einzelner Wettbewerbserfolg für ein Büro sein und werden kann.

Prof. Gernot Schulz, September 2023

Prof. Gernot Schulz | gernot schulz : architektur GmbH, Köln © Studio LICHTSCHACHT, Essen

Prof. Dipl.-Ing. Gernot Schulz
BDA, Gründer von gernot schulz : architektur GmbH, Köln
geboren am 09.06.1966 in Georgsmarienhütte, wohnt mit seiner Familie in Köln

Gernot Schulz studierte Architektur an der Uni in Dortmund und der ETH in Zürich. Er schloss seine Ausbildung 1992 mit dem Titel Diplom Ingenieur ab. Im Anschluss arbeitete er bei Cruz y Ortiz in Sevilla, bevor er nach Köln kam, um mit Thomas van den Valentyn in Projektpartnerschaft zu arbeiten und gleichzeitig sein eigenes Büro zu gründen. Viele preisgekrönte Projekte wie das Campusensemble in Halle an der Saale, die Studentenwohnungen am Landrain oder die Residenz des Dt. Botschafters in Bratislava folgten. 2001 gründete er als CEO das Büro gernot schulz : architektur. Verschiedene Lehraufträge und Vertretungsprofessuren folgten, u.a. an der PBSA Düsseldorf, der Universität Darmstadt und den Universitäten Sevilla, Spaniens und Cuenca, Ecuador. Seit 2004 lehrt Gernot Schulz an der Hochschule Bochum Entwerfen und Baukonstruktion und ist dort seit 2016 Dekan des Fachbereiches Architektur.