Eine Zeitreise mit Stephan Birk und Liza Heilmeyer
Der Sommer 2003 nach unserem Diplom an der Universität Stuttgart brachte Rekordtemperaturen und hinsichtlich unseres Berufseinstiegs zunächst Tristesse. Freie Stellen in Architekturbüros gab es inmitten der Baukrise nicht. Die allgemeine Empfehlung für Absolvent*innen lautete, sich ein anderes Betätigungsfeld zu suchen.
Dass es in unserem Fall nicht dazu kam, liegt an Kurt Ernsting, einem architekturaffinen Textilunternehmer im Münsterland. Nachdem bereits u. a. Santiago Calatrava, David Chipperfield und Johannes Schilling Bauten auf seinem Firmencampus planen durften, war es ihm ein Anliegen etwas für den Architekturnachwuchs zu tun. Wie bei allen Gebäuden auf dem Campus sollte auch für das Firmenparkhaus mit 500 Stellplätzen durch einen Wettbewerb der beste Entwurf gefunden werden.
Nur richtete sich die Auslobung im Winter 2003/04 nicht an etablierte Architekturbüros, sondern an Diplomand*innen der Fachrichtung Architektur. Damals wie heute ein einmaliges Verfahren! Mit viel Zeit (wir waren ohne Anstellung) haben wir als eines von 50 zugelassenen Teams losgelegt.

Nach Beschäftigung mit der Aufgabenstellung und dem bestehenden Campus. war es unser erklärtes Ziel, das neue Gebäude an der äußeren, westlichen Grenze des Grundstückes zu platzieren. Möglich wurde dies durch das gewählte Erschließungssystem: Zwei doppelgängige Rampen mit 3,2 % Neigung nutzen die Gebäudelänge von 127 m optimal aus. Die großzügige Geschosshöhe von 3,06 m erlaubt die Geschossüberwindung ohne zusätzliche Auf- oder Abfahrten.

Die x-förmige Anordnung der Rampen im Schnitt trennt Zu- und Abfahrt, erlaubt einen Richtungswechsel an Kreuzungspunkten und sorgt so für einen zügigen Abfluss des Verkehrs.
Mit dem gewählten Erschließungstyp ergab sich der Rest im Entwurf wie von selbst – alles fügte sich an diesem Ort. Die Idee für die Fassade entstammt dem benachbarten Wohngebiet mit Gärten und Hühnerhaltung: Ein einfacher Lattenzaun stand Pate. Holzlamellen vermitteln zwischen Wohn- und Industriegebiet, wirken je nach Blickwinkel offen oder geschlossen und ermöglichen zugleich eine natürliche Belichtung und Belüftung. Die Parkpalette in Coesfeld-Lette wurde nach der Fertigstellung vielfach ausgezeichnet und publiziert. Für uns als (sehr) junges Büro war dies wichtig, um gesehen und zu weiteren Wettbewerben zugelassen zu werden.
Möglich wurde all das, weil Kurt Ernsting uns die Chance gegeben hat, Architektur zu machen, unser erstes Projekt zu realisieren und gleichzeitig die zweijährige Ausbildungsphase als Architekt*in im Praktikum (AiP) im eigenen Büro zu absolvieren.
Mit der Beauftragung im Mai 2005 haben wir „Birk und Heilmeyer“ (den Zusatz „Architekten“ durften wir noch nicht führen) in Stuttgart gegründet.
Dieses Jahr feiern wir inzwischen als „Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten“ mit über vierzig Mitarbeitenden unser zwanzigjähriges Bürojubiläum. Hätte uns das im arbeitslosen Sommer 2003 jemand prophezeit, hätten wir die Person wohl der Hitze wegen für nicht zurechnungsfähig gehalten – oder uns selbst.
Stephan Birk und Liza Heilmeyer, Sommer 2025

Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart
Liza Heilmeyer und Stephan Birk gründeten 2005 ihr gemeinsames Architekturbüro in Stuttgart, das seit 2012 unter dem Namen Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten firmiert. Beide studierten Architektur an der Universität Stuttgart und schlossen ihr Studium 2003 mit dem Diplom ab.
Seit 2009 sind sie Mitglieder im Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA). Ihre Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet.
Stephan Birk wurde 2015 als Universitätsprofessor an die Technische Universität Kaiserslautern berufen. Seit 2021 leitet er den Lehrstuhl für
Architektur und Holzbau an der Technischen Universität München und ist Mitglied der Forschungsgruppe TUM.wood.
Liza Heilmeyer engagiert sich berufsständisch, sie wurde 2020 zur Landesvorsitzenden des BDA Baden-Württemberg gewählt.